Jeder kennt sie, jeder benutzt sie – und dennoch wird sie recht wenig bewusst wahrgenommen… die Atmung, ein zentraler Vorgang jeglichen Lebens.
Sie ist eine der 2 wichtigsten Vitalfunktionen des Körpers. Der erste und der letzte Atemzug, und dazwischen das Leben. Während der Schwangerschaft übernimmt unsere Mutter für uns stellvertretend das Atmen.
Da wir uns in einer polaren Welt befinden, spiegelt sich auch im Atmen: Ein / Aus, das Prinzip der Dualität wider, welches die Schöpfung durchzieht.
Unser Stammhirn, entwicklungsgeschichtlich der älteste Teil des Gehirns, wo die wichtigsten Überlebensfunktionen geregelt werden, steuert die Atmung, ganz ohne unser bewusstes Eingreifen.
Wer oder was setzt diese Atmung in Gang? Ein erster Impuls und die vom vegetativen Nervensystem gesteuerte Atmung geschieht dann quasi automatisch.
Es fällt äußerst schwer sie über viele Minuten anzuhalten. Schwamm- oder Perlen-tauchern mag dieses nach intensivem Üben gelingen.
Stresssituationen, Überforderungen, „Negativ Emotionen“ können unseren natürlichen Atemrhythmus jedoch empfindlich stören.
Physiologisch gesehen,
trägt die Atmung zur Erfüllung wesentlicher Aufgaben im Körper bei: Versorgung der Körperzellen mit Sauerstoff, Energiegewinnung, Stoffwechsel, Immunsystem stimulierend, Regulation des Wärmehaushaltes. Rote Blutkörperchen werden in der Lunge mit Sauerstoff beladen. Energiegewinnung durch Oxidation (Verbrennung) in den Mitochondrien der Zellen, Muskelarbeit und Abbau von Stoffwechselendprodukten wird dadurch möglich. CO2 wird über die Lunge abgeatmet zur Aufrechterhaltung des Säure-Basen-Gleichgewichtes. Wird zu wenig CO2 abgeatmet, kann es bei chronischem Verlauf zu einer Übersäuerung des Bindegewebes beitragen. Zwei Funktionssysteme sind bei der Atmung beteiligt: Die Lunge sorgt für den Austausch der Atemgase, das Herz-Kreislaufsystem für den Transport.
Äußere Atmung – Innere Atmung
Unter der Äußeren Atmung wird der Gas- (Atemluft)- Austausch in der Lunge bezeichnet. Bei einem gesunden Erwachsenen beträgt die Atemfrequenz in Ruhe 12-15 Atemzüge/min. Das Atem-Volumen ca. 500-700ml.
Bei der Inneren Atmung sprechen wir vom Gasaustausch zwischen Blut und Zellen. Dabei müssen die Gase im vorgelagerten Bindegewebe eine Art Transitstrecke überwinden. Nur so gelangen Nährstoffe/Stoffwechselendprodukte in/aus der Zelle.
Dem Zustand des Bindegewebes kommt an dieser Stelle eine entscheidende Bedeutung zu. Deren Überfrachtung mit Stoffwechselendprodukten und erhöhte Säurebelastung (CO2) verändern die Durchlässigkeit nachteilig. Das umgebende Milieu der Zelle (Bindegewebe, Zwischenzellgewebe, Matrix) kann bei chronischer Säure-Belastung und auch chronischer Erschöpfung ‚kippen’ und Körperzellen zu einem veränderten Stoffwechsel innerhalb der Zelle ‚zwingen’.
Zellen schalten dann in den „Gärungsstoffwechsel“, welcher bei verschiedenen Krebsarten zu finden ist.
Die „Epi-Genetik“ hat mit ihrer Entdeckung, dass die Steuerung der Zelle durch das umgebende Milieu (Umgebung) im Wesentlichen geschieht, einen großen Fortschritt im Verständnis zur Zell-Regulation beigetragen.
Faktoren, welche die Atmung (Atem-Frequenz, -Tiefe, -Rhythmus) beeinflussen:
• Fieber
• Übersäuerung des Blutes
• Innere Unruhe, traumatisch Erfahrung, Gedanken
• Sorgen, Angst, Zorn, Wut, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Ärger
• Freude, Heiterkeit, Gelassenheit, Zuversicht, Hoffnung
• Stress, Hektik, Getriebenheit, Anspannung
• Genuß-Gifte, Rauchen, Alkohol, Drogen, Arzneimittel
• Sport, Bewegung, Entspannungs-Techniken, Meditation
• Ozongehalt der Luft, geographische Lage
• Intaktes Herz-Kreislaufsystem
• Körperliche Konstitution
• Körperliche Beanspruchung
• Körperhaltung
• Konditionierung
Metaphysisch/spirituell gesehen:
bedeutet der Wortstamm ‚spirare’ (lat. = hauchen, atmen, leben), eng verwandt mit ‚spiritus’ (lat. = Seele oder Geist / je nach Kulturkreis).
Beim Ein-Atmen sprechen wir auch von In-spiration, beim Aus-Atmen von Ex-spiration.
Inspiration bedeutet wörtlich „einhauchen“. In der biblischen Schöpfungsgeschichte (Mose) hauchte Gott dem Körper aus Erdenschlamm den Atem (Odem) ein und machte ihn dadurch lebendig.
In der Indischen Mythologie finden wir den Begriff „Prana“ (Lebensatem, Lebenshauch, Lebenskraft, Lebensenergie)
Der Atem gehört jedoch nicht uns. Er geht durch uns hindurch. Wir sind im Atem -ständig mit Ihm verbunden. Der Atem ist wie eine Art energetische ‚Nabelschnur’ zu unserer vitalsten Energiequelle. Durch die Luft, welche wir einatmen, sind wir ständig verbunden/in Kontakt zu Allem. Zu uns selbst, zu anderen, zur Natur, zu höheren Dimensionen.
Es wurde ausgerechnet, dass wir Luftmoleküle eingeatmet haben, die bereits die Atemwege von Buddha, Jesus, Mutter Theresa und Michael Jackson passiert haben.
Psychisch gesehen:
Die „Innere Haltung“ (Einstellung) dem Leben gegenüber spiegelt sich über das Vegetativum in der Atmung wider. Sind wir im Einklang mit uns selbst, unseren Mitmenschen, der Umwelt und unserer Lebenssituation gegenüber, fließt der Atem ohne körperliche Störungen zu verursachen. Wir sind „im Fluß“.
Chronischer Innerer Widerstand auf das Leben führt jedoch zu erhöhter Muskelspannung, Muskelverhärtung, veränderter Körperhaltung. Ich bin dann nicht mehr im „Flow“.
Auch die Unterdrückung von Gedanken und Gefühlen können zu Energie- und Atemstörungen führen (z.B. Asthma). Ein Säugling läßt seinen Gefühlen in der Regel freien Lauf, was sich in einer tiefen Bauchatmung sichtbar darstellt.
Ist das Einatmen/Ausatmen – Nehmen/Geben, aus der Balance geraten, können sich daraus vielfältige Symptome entwickeln. Ist das Bestreben, mehr zu nehmen als zu geben, laufe ich Gefahr an Überfülle zu leiden.
Der Körper lügt nicht. Verdrängte Gefühle und Gedanken können sich eines Tages durch verhärtete, schmerzenden Körperstellen, Gefühlsausbrüche, Lebenskrisen bemerkbar machen.
Unsere Atem-Muster spiegeln unsere vegetative Balance: Sympathikus/Parasympatikus – Anspannung/Entspannung wider.
Gesellschaftlich gesehen:
In unserer westlichen Zivilisation wird Wettbewerb, Leistung, Gewinnmaximierung, Geschwindigkeit zu einer Art Mantra erhoben. Können wir in unserer ‚modernen’ Welt unsere Empfindungen und Gefühle über unsere Lebenssituation noch ungefiltert zum Ausdruck bringen? Halten wir unsere Gefühle unter Kontrolle? Wie weit sind wir fremdgesteuert und aus der „Inneren Stimmigkeit“ geraten? Das vegetative Nervensystem ist diesen Anforderungen oft nicht gewachsen, verzeiht nicht. Chronischer Stress ist in der Schöpfung offensichtlich nicht vorgesehen.
Burnout (Überforderung) und Boreout (Unterforderung) sind Ausprägungen sinnentleerter Lebensweisen.
Da hilft eine (selbst) verordnete Entspannungs-Optimierung (neuer Stress) in der Regel wenig.
Was spricht dagegen, den natürlichen Rhythmus der Natur, welcher sich direkt in der Atmung zeigt, wieder zu respektieren? Das kann möglicherweise eine Überprüfung des Lebensstils bedeuten, auch mit ‚radikalen’ (grundlegenden) Veränderungen.
Selbsthilfe / Therapeutische Möglichkeiten
Das Vegetativum reguliert die Atmung.
Umgekehrt können wie über bewusstes Atmen / Speziellen Atemtechniken das Vegetative Nervensystem und damit viele Körperfunktionen positiv beeinflussen:
• Anregung des Stoffwechsels
• Tiefe Entspannung
• Verbesserung des Schlafes
• Unterstützung der Regeneration
• Verbesserung der Sauerstoffversorgung
• Verbesserung der Verdauungsfunktion
• Stärkung der Immunkräfte
• Stärkung der Muskulatur / Beckenboden, Bauch, Brust
Geistig-seelische Auswirkungen eines Natürlichen Atmens:
• Geistige Entspannung
• Gefühl von Leichtigkeit und Klarheit
• mehr Lebensfreude
• Leichtigkeit im Denken
• Mehr Vertrauen in den Fluss des Lebens
• Gefühle von Geborgenheit und innerem Frieden
• Befreiung von ‚eingefrorenen’ Gefühlen
Präventiv gesehen
kann das wieder bewusste Erleben der naturgemäßen Atmung und insbesondere können Atemübungen die Regeneration vielfältiger Abläufe im Körper unterstützen. Ein physiologischer Atemrhythmus (Anspannung/Entspannung) trägt somit wesentlich zur Aufrechterhaltung der Gesundheit und langer Lebenserwartung bei. Es lohnt sich!
Wolfgang Schamberger
(Heilpraktiker, Apotheker)
02/2020